Danke: Preis der Literaturhäuser 2018 / Cena literárních domů 2018

Preis der Literaturhäuser 2018

Jaroslav Rudiš erhält den Preis der Literaturhäuser 2018

Das Netzwerk der Literaturhäuser verleiht den Preis der Literaturhäuser 2018 dem tschechischen Schriftsteller, Dramatiker, Drehbuchautor und Publizisten Jaroslav Rudiš.
 Der am 8. Juni 1972 im nordböhmischen Turnov geborene Autor studierte Germanistik, Geschichte und Journalistik in Liberec, Zürich und Prag, bevor er mit einem journalistischen Stipendium nach Berlin an die Freie Universität kam, wo sein Erstlingsroman »Nebe pod Berlínem« (2002; dt. »Der Himmel unter Berlin«, 2004) entstand, ausgezeichnet mit dem Jiří-Orten-Preis. Davor arbeitete Rudiš u.a. als Lehrer und Journalist. 2006 veröffentlichte der Prager Labyrint Verlag seinen zweiten Roman »Grandhotel«, der wieder zwei Jahre später auf Deutsch erschien und mit Jaroslav Rudiš in einer Nebenrolle verfilmt auch auf der Berlinale gezeigt wurde. Ab da erschienen fast jährlich Romane, die Eva Profousová ins Deutsche übersetzt hat, sowie zahlreiche Theaterstücke, Kino- und Fernsehfilme, Hörspiele, Opernlibretti und Essays in überregionalen deutschsprachigen Zeitungen. Zur Leipziger Buchmesse 2018 kommt in der Edition Thanhäuser das jüngste Werk von Rudiš heraus: der auf Deutsch verfasste, mit Holzschnitten gestaltete Kurzprosa-Band »Der Besuch von Herrn Horváth«. Und im März 2019 soll der neue, erste komplett auf Deutsch geschriebene Roman des Autors im Luchterhand Literaturverlag erscheinen.

Jedes neue Buch von Jaroslav Rudiš – zuletzt die Romane »Vom Ende des Punks in Helsinki« (2014) und »Nationalstraße« (2016, beide im Luchterhand Literaturverlag) – wird von der Kritik beachtet und in andere Sprachen übersetzt, z.B. ins Polnische, Schwedische, Französische, Spanische und Italienische. Zum jüngsten Roman »Nationalstraße« entstanden Theaterfassungen in Bremen und Dresden – die Filmfassung wird 2018 in die Kinos kommen, Rudiš schrieb dafür mit einem Co-Autor das Drehbuch.

Der heute 45-jährige tschechische Schriftsteller hat die tschechische und deutschsprachige Literatur in den vergangenen Jahren aber nicht nur mit seiner Prosa bereichert, große Aufmerksamkeit erregte er vor allem durch Crossover-Arbeiten. So erschien gemeinsam mit dem Künstler Jaromír Švejdík alias Jaromír 99 – in Tschechien als Rocksänger gefeiert – die Graphic Novel »Alois Nebel« (ursprünglich als Trilogie von 2003 bis 2005, auf Deutsch 2012 in einem Band bei Voland & Quist). Die gleichnamige Filmversion wurde als Bester Animationsfilm mit dem Europäischen Filmpreis ausgezeichnet (www.youtube.com). Ausgehend vom Literaturhaus Stuttgart entstand dazu ebenfalls 2012 eine Ausstellung, die in etlichen Literaturhäusern im deutschen Sprachraum gezeigt wurde und durch Europa tourte. Ein anderer Grenzgang führt den leidenschaftlichen Bahnfahrer und Bierkenner Rudiš immer wieder zur Musik. 2013 gründete er mit Jaromír 99 die Kafka Band. In Zusammenarbeit mit fünf der bekanntesten Rockmusiker Tschechiens wurde die CD zu Franz Kafkas Romanfragment »Das Schloss« eingespielt (www.youtube.com), es gab Konzerte in ganz Europa (von den Niederlanden bis in die Ukraine) und 2015 eine inszenierte Fassung am Theater Bremen. 2017 folgte mit Amerika eine weitere Kooperation mit dem Bremer Schauspiel-Ensemble (www.youtube.com).

Jaroslav Rudiš zeichnet in seinen Texten mit Ironie und feinem Gespür für die Alltagsängste der Menschen die Gesellschaft anhand von besonderen Typen, die häufig Opfer tragikomischer Ereignisse sind. Dabei begibt er sich gern in den Untergrund und an die Ränder von Orten, Zeiten und Leben, um einen umso schärferen Blick auf die Wirklichkeit zu werfen. So sind seine Bücher cool, witzig, kritisch, politisch, poetisch, widerständig, anti-bürgerlich, berührend und verführerisch – kurzum: literarischer Rock’n’ Roll.

Jaroslav Rudiš schreibt auf Tschechisch und Deutsch und spricht mehrere Sprachen. Er lebt als freier Autor in Berlin und in Lomnice nad Popelkou im Böhmischen Paradies, nahe der tschechischen Stadt Jičín, dem Geburtsort von Karl Kraus. 2014 wurde Rudiš als „wichtige tschechische Stimme im Konzert der europäischen Gegenwartsliteratur“ mit dem Usedomer Literaturpreis ausgezeichnet. Mit dem Preis der Literaturhäuser 2018 ist er hoffentlich endgültig in der deutschsprachigen Literatur angekommen. Die Programmleiterinnen und Programmleiter der im Netzwerk verbundenen Literaturhäuser ehren Jaroslav Rudiš für sein vielfältiges literarisches Werk und als Autor, der in öffentlichen Auftritten, in Lesungen und Diskussionen, als Musiker und in Crossover-Projekten das Publikum zu begeistern versteht.

Frühere Preisträger waren Ulrike Draesner (2002), Bodo Hell (2003), Peter Kurzeck (2004), Michael Lentz (2005), Uwe Kolbe (2006), Sibylle Lewitscharoff (2007), Anselm Glück (2008), Ilija Trojanow (2009) , Thomas Kapielski (2010), Elke Erb (2011), Feridun Zaimoglu (2012), Hanns Zischler (2013), Judith Schalansky (2014), Nicolas Mahler (2015), Ulf Stolterfoht (2016) und Terézia Mora (2017).

Der Preis wird am 15. März 2018, 19.30 Uhr im Rahmen einer Veranstaltung im Literaturhaus Leipzig verliehen.
Er besteht aus einer Lesereise durch die im Netzwerk zusammengeschlossenen Literaturhäuser und ist mit € 15.000,00 dotiert.

Jaroslav Rudis wird vom 19. März an zu Leseabenden in vielen der Literaturhäuser zu Gast sein.

Termine:

  • 16. März 2018, 16.30 Uhr Blaues Sofa, Glashalle, Leipziger Buchmesse
    Vorstellung des Preisträgers
  • 17. März 2018, 11.00 Uhr, ARTE-Stand, Glashalle, Buchmesse Leipzig
    Der Preisträger im Gespräch mit Tomas Friedmann, Literaturhaus Salzburg
  • 19. März 2018, 20.00 Uhr Literarisches Zentrum Göttingen
  • 17. April 2018, 19.30 Uhr Literaturhaus Berlin in Kooperation mit dem Literarischen Colloquium Berlin
  • 23. April 2018, 19.30 Uhr Literaturhaus Wien
  • 25. April 2018, 20.00 Uhr Literaturhaus Salzburg
  • 26. April 2018, 20.00 Uhr Literaturhaus Stuttgart
  • 28. Mai 2018, 19.30 Uhr Literaturhaus Frankfurt
  • 29. Mai 2018, 20.00 Uhr Literaturhaus Köln
  • 18. Juni 2018, 20.00 Uhr Literaturhaus Rostock

PREMIERE 2: Amerika am Theater Bremen

Amerika

nach Franz Kafkas Roman-Fragment „Der Verschollene“
mit der Kafka Band

Premiere: 22.09.2017 / Theater Bremen

„Verflucht sei, wer uns nicht glaubt!“ Mit diesem Paukenschlag endet der große Aufruf des Naturtheaters von Oklahoma – und mit dem Aufbruch ins Ungewisse, der bedrohlichen Freiheit einer ungewissen Zukunft, wie sie am Ende von Franz Kafkas erstem Romanfragment steht. Karl Roßmann, ein in Amerika gestrandeter sechzehnjähriger Junge aus Prag, bekommt dort seine allererste, oder seine letzte Chance. – Mit den tschechischen Musikern der Kafka Band um Schriftsteller Jaroslav Rudiš erarbeitet Alexander Riemenschneider nach „Das Schloss“ erneut einen Kafka-Abend. Er inszeniert den geradezu unwirklich heiteren Schelmenroman als Spurensuche nach einem, der – vielleicht – unter die Räder kommt, und als musiktheatrale Reise „nach Westen!“ Der Verschollene (so Kafkas ursprünglicher Titel) wird so neu beschworen; er, der verlorenging, wird wiedererfunden in den freien Lüften eines hausgemachten Traumamerikas.

Dauer: ca 1 Stunde 45 Minuten, keine Pause

http://www.theaterbremen.de

PREMIERE 1: Nationalstrasse am Staatsschauspiel Dresden

Premiere am 22.09.2017

Vandam ist der „Nationalheld von der Nationalstraße“, er hat damals ganz vorne gestanden im November 1989, er hat die Samtene Revolution aus­gelöst. Vandam interessiert sich für die Geschichte der Tschechischen Republik, für die EU und das Römische Reich, für die großen ausgefochtenen Schlachten. Er ist verliebt in Sylva und schlägt sich für sie mit den Falschen. Und er macht täglich zweihundert Liegestütze, um in seinem Job als Dachlackierer nicht unterzugehen und seinem Sohn ein Vorbild zu sein. Vandam glaubt, der letzte echte Tscheche zu sein, doch von seinem einstigen Ruhm sind nur die vom Großvater gebaute Plattenbausiedlung in der Prager Nordstadt, die Wohnung, von deren Balkon sein Vater sprang, und die viel zu oft erzählte Geschichte vom Beginn der Samtenen Revolution geblieben, von der sein Sohn nichts lernen will. Der tschechische Autor und Musiker Jaroslav Rudiš, der bereits durch seine Graphic Novels über Alois Nebel Aufmerksamkeit erregte, lässt in NATIONALSTRASSE Gegensätze und Weltsichten aufeinanderprallen. Man leidet mit Vandam und verachtet ihn für seine Blindheit, man hält ihn für einen dumpfen Schlägertypen und staunt über seine poetische Sprache. Politische Gewissheiten werden zur Mangelware und schnell gefasste Urteile stürzen wie Kartenhäuser zusammen, wann immer die Möglichkeit das stabile Weltbild gefährdet, dass doch alles ganz anders ist, als es auf den ersten Blick aussieht.

Dauer der Aufführung: ca. 1 Stunde und 15 Minuten.
Keine Pause.